Wie Beschäftigte einen Betriebsrat gründen – Schritt für Schritt
Warum überhaupt ein Betriebsrat?
Ein Betriebsrat ist die gewählte Interessenvertretung der Beschäftigten im Unternehmen. Er hat das gesetzlich verankerte Recht, bei vielen Fragen mitzubestimmen: von Arbeitszeiten über Urlaubsregelungen bis hin zu Einstellungen, Kündigungen oder Gesundheitsschutz. Auch bei der Einführung neuer IT-Systeme, der digitalen Überwachung und dem Schutz personenbezogener Daten hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
Ohne Betriebsrat entscheidet der Arbeitgeber allein.
Mit Betriebsrat wird mitentschieden – im Sinne der Beschäftigten und auf Augenhöhe.
Wann kann ein Betriebsrat gegründet werden?
Ein Betriebsrat kann in allen Betrieben mit mindestens 5 ständig wahlberechtigten Beschäftigten, von denen mindestens 3 wählbar sind, gegründet werden
(§ 1 BetrVG).
Wer darf wählen – und wer darf kandidieren?
Wahlberechtigt sind:
- alle Arbeitnehmer*innen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr,
- unabhängig von Arbeitsvertrag oder Staatsangehörigkeit,
- auch Teilzeitkräfte, Minijobberinnen, Azubis, Leiharbeitnehmerinnen (nach 3 Monaten Einsatz im Betrieb),
- nicht: leitende Angestellte oder Geschäftsführung.
Wählbar sind:
- alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb seit mindestens 6 Monaten angehören,
- bei neuen Betrieben: wenn der Betrieb so lange besteht, wie die Person dort arbeitet.

Welche Wahlverfahren gibt es?
Es gibt zwei Wahlverfahren – je nach Größe des Betriebs:
Vereinfachtes Wahlverfahren
Pflicht bei 5–50 Wahlberechtigten, möglich bis 100.
- Nur ein Wahlgang
- Schnelle Fristen
- Wahlvorstand und Vorschlagsliste können fast gleichzeitig aufgestellt werden
Normales Wahlverfahren
Pflicht ab 101 Wahlberechtigten (oder auf Wunsch bei 51–100).
- Zwei Wahlgänge (Listenwahl oder Mehrheitswahl)
- Komplexere Fristen und Verfahrensschritte
- Wichtig bei größeren Belegschaften oder mehreren Vorschlagslisten
Schritt für Schritt: So gründet ihr einen Betriebsrat
- Sprechen und vernetzen
Ihr seid nicht allein! Findet Gleichgesinnte im Betrieb, die Interesse haben, etwas zu verändern. Klärt:
- Wie groß ist unser Betrieb?
- Gibt es schon Vorarbeit oder Interesse?
- Sind Gewerkschaften oder externe Beratungsstellen eingebunden?
- Drei Beschäftigte laden zur Betriebsversammlung ein
Wenn (noch) kein Betriebsrat existiert, können mindestens drei wahlberechtigte Beschäftigte eine Einladung zur Wahlversammlung aussprechen.
Ziel: einen Wahlvorstand wählen
Tipp: Die Einladung sollte schriftlich, mit Tagesordnung und Frist erfolgen.
Alternativ kann der Wahlvorstand auch von einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder vom Arbeitsgericht bestellt werden (§ 17 BetrVG).
- Wahlvorstand wählen
Der Wahlvorstand besteht aus drei Personen + Ersatzmitgliedern.
Er ist verantwortlich für die gesamte Durchführung der Wahl – neutral, rechtskonform und sorgfältig.
Aufgaben des Wahlvorstands:
- Wählerliste erstellen
- Wahlordnung festlegen
- Fristen & Formulare veröffentlichen
- Vorschläge prüfen
- Wahl durchführen & Ergebnis feststellen
Der Wahlvorstand kann Schulungen besuchen – bei Freistellung & Lohnfortzahlung!
- Wahl einleiten
Der Wahlvorstand erstellt:
- Wählerliste (mit allen Wahlberechtigten),
- Wahlausschreiben (enthält alle Fristen, Sitzverteilung, Vorschlagsfristen etc.),
- ggf. Formulare zur Einreichung von Kandidaturen (Vorschlagslisten).
- Kandidaturen sammeln
Jetzt können sich Beschäftigte aufstellen lassen:
- Im vereinfachten Verfahren reicht meist eine offene Vorschlagsliste mit Unterschriften.
- Im normalen Verfahren braucht jede Liste Unterstützungsunterschriften (je nach Betriebsgröße).
Wichtig: Geschlechterquote und Minderheitenschutz beachten!
- Wahl durchführen
Die Wahl erfolgt als geheime und unmittelbare Abstimmung.
Je nach Verfahren: schriftlich oder auch mit Briefwahl.
- Stimmen zählen & Ergebnis bekanntgeben
Der Wahlvorstand zählt öffentlich (aber nicht zwingend für alle sichtbar) die Stimmen aus, gibt das Ergebnis bekannt und benachrichtigt die gewählten Mitglieder.
- Konstituierende Sitzung des neuen Betriebsrats
Spätestens eine Woche nach der Wahl tritt das Gremium zur konstituierenden Sitzung zusammen.
Dort wird u. a. der Vorsitz und die Stellvertretung gewählt.
Ab dann ist der Betriebsrat offiziell handlungsfähig!
Wer hilft bei Unsicherheiten?
Die Wahl eines Betriebsrats ist rechtlich genau geregelt – aber mit guter Vorbereitung gut machbar.
Ihr müsst das nicht allein stemmen!
Unterstützung gibt es z. B. durch:
- Gewerkschaften (auch bei der Einladung zur Wahlversammlung oder bei Schulungen)
- Das Arbeitsgericht (bei der Bestellung eines Wahlvorstands)
- Die TTBS, wenn es um Beratung und Begleitung von Gremien nach der Wahl geht (z. B. durch Inhouse-Seminare, Workshops)

Häufige Fragen
Was ist, wenn der Arbeitgeber die Wahl behindert?
→ Die Behinderung einer BR-Wahl ist strafbar (§ 119 BetrVG). Holt euch dringend Unterstützung bei Gewerkschaft oder Gericht.
Wer zahlt die Wahl?
→ Der Arbeitgeber! Er muss Kosten, Räume, Material und Schulungskosten des Wahlvorstands übernehmen.
Wer schützt uns?
→ Mitglieder des Wahlvorstands und des Betriebsrats genießen besonderen Kündigungsschutz.
Wie groß ist ein Betriebsrat?
→ Hängt von der Zahl der wahlberechtigten Beschäftigten ab (§ 9 BetrVG). Beispiel:
Beschäftigte | BR-Mitglieder |
5–20 | 1 |
21–50 | 3 |
51–100 | 5 |
101–200 | 7 |
… | … |
Fazit: Jetzt seid ihr dran!
Mitbestimmung entsteht nicht von allein.
Aber mit einem Betriebsrat habt ihr die Möglichkeit, gemeinsam für bessere Bedingungen zu sorgen – rechtlich abgesichert und wirksam.
Wenn ihr euch fragt: „Können wir das?“ – dann ist die Antwort:
Ja, denn ihr müsst es nicht allein machen.
Du möchtest noch mehr Informationen?
Und danach?
Euer Gremium steht – aber wie geht’s weiter?
Die TTBS unterstützt euch mit:
- Beratungen zu den unterschiedlichsten Themen
- Workshops und Inhouse Schulungen
- Hilfe zur Selbsthilfe: Organisation und Zusammenarbeit
- Ideen für digitale und hybride Gremienarbeit
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